Managementaufgabe 4

Managementaufgabe 4:
Maßnahmen ableiten, gezielt kommunizieren – diszipliniert umsetzen

Entscheidungen sind nur so gut, wie deren Umsetzung

Es ist eine Binsenweisheit, dass Entscheidungen erst durch eine konsequente Umsetzung und Beachtung Bedeutung erlangen. Doch in der Praxis vieler Führungskräfte scheint diese banale Erkenntnis nicht handlungsleitend zu sein. Wie sonst ist zu verstehen, dass Führungskräfte in manchen Organisationen zwar mutig und engagiert Entscheidungen treffen, Mitarbeitende und Kollegen jedoch davon nichts wissen. Organisationen mit diesem „Führungsdefizit“ leiden nicht am „Entscheidungsmangel“ sondern an „Umsetzungsschwäche“.
Ebenso wesentlich wie die inhaltliche Entscheidung (Managementaufgabe 3) ist die Frage „Was muss ich für eine bestmögliche Umsetzung und Beachtung meines Beschlusses konkret tun?“. Diese Frage möglichst wirksam im Führungsalltag anzugehen, ist Gegenstand der Managementaufgabe 4.

Maßnahmen ableiten

Ähnlich wie Ich-Botschaften“ in der zwischenmenschlichen Kommunikation hilfreich sind, schlage ich im Zusammenhang mit dem Ableiten von Maßnahmen „Ich-Maßnahmen“ vor. Ist eine Entscheidung erst einmal getroffen, tappen Führungskräfte allzu oft in die Falle, die Umsetzung der nächsten Führungsebene oder ihren Mitarbeitenden zu überlassen. Gedanklich sind sie bereits beim nächsten Thema und weiteren Entscheidungen. Dies kann richtig sein, um einer systematischen Unterdelegation (systemic underdelegation – Vgl.: Gunter Dueck: „Schwarm dumm“ , S. 68) vorzubeugen. Oder um zu verhindern, dass sich Führungskräfte auf Aufgaben konzentrieren, für die sie eigentlich nicht verantwortlich sind. Denn nicht das Abarbeiten von operativen Aufgaben ist in den meisten Fällen der wirksamste Beitrag von Führungskräften. Dennoch bedeutet Managementverantwortung zu übernehmen auch, selbst alles für eine konsequente und erfolgreiche Umsetzung zu tun. Und dies umfasst mehr, als Entscheidungen zu treffen und zu hoffen, dass die Umsetzung durch Mitarbeitende in der Organisation schon irgendwie – quasi von selbst – gelingen wird.
Damit Sie in Ihrem Führungsalltag wirksamer werden, sollten Sie über folgende Ich-Maßnahmen bei Ihrer nächsten Entscheidung nachdenken:

Ich-Maßnahme 1: Gezielt kommunizieren.
In vielen Organisationen erlebe ich im Rahmen meiner Beratungen, dass in der Phase der Entscheidungsvorbereitung zahlreiche und umfassende Dokumente erstellt und vielfältige Diskussionen geführt werden. Ist dann eine „Marschrichtung“ entschieden, wird die Kommunikation oft schmal und knapp. Mitarbeitenden, die den Prozess der Diskussion nicht mitverfolgen konnten und das Thema erst mit der Weitergabe der Entscheidung wahrnehmen, fehlen dann der Zusammenhang und die „Vorgeschichte“, um das Thema wirklich einordnen und die „Marschrichtung“ umfassend verstehen zu können.
In der Informationsvermittlung gilt es daher, vom gewünschten Ergebnis her zu denken. „Wen will und muss ich erreichen?“ und „Was müssen diese Personen verstehen?“, damit die Entscheidung beachtet und konsequent und wirksam umgesetzt wird? Gerade bei grundlegenden Themen und zentralen Entscheidungen lohnt es sich, Zeit in die Beantwortung dieser beiden Fragen zu investieren.
Oft werden wichtige Schlüsselpersonen nicht informiert. Nicht etwa deshalb, weil dies bewusst nicht gewollt wäre, sondern weil nicht wahrgenommen wird, wer alles von der Entscheidung betroffen ist und wen man für eine wirksame Umsetzung benötigt. Hier gilt es auch, die systemischen, bereichsübergreifenden Zusammenhänge in einer Organisation in den Blick zu nehmen. Wenn in Abteilung A zukünftig etwas anders gemacht werden soll: Welche Konsequenzen hat dies für die Schnittstellen zu den anderen Bereichen? Was bedeutet dies für die Unterstützungsbereiche, wie z.B. die IT? Werden andere Arbeitsmittel benötigt, veränderte Formulare, Softwareanpassungen? Sind alle hierfür relevanten Schlüsselpersonen informiert und instruiert?
Analysiert man die Kommunikation von Entscheidungen in Organisationen, fällt auf, dass oftmals das „Was“ im Vordergrund steht. Es wird kurz und knapp erklärt, was entschieden wurde und was in Zukunft anders laufen soll. Die „Warum-Dimension“ wird viel zu oft vernachlässigt. Dabei ist es gerade die Warum-Frage, die für Commitment und Engagement der Mitarbeitenden entscheidend ist. Erst wenn sie verstehen, warum etwas entschieden wurde, steigt die Chance, dass Menschen – selbst wenn sie eine Entscheidung vielleicht selbst anders getroffen hätten – sie dennoch akzeptieren. Frei nach Friedrich Nietzsche und Viktor Frankl könnte man sagen „Wer das ‚Warum‘ einer Entscheidung versteht, erträgt fast jedes ‚Was_ und ‚Wie‘ der Umsetzung“.
Das „Was“ und „Wie“ kann in vielen Fällen auch in schriftlicher Form weitergegeben werden. Das „Warum“ aber sollte möglichst direkt und persönlich durch die verantwortliche Führungskraft vorgetragen werden. Nur auf diesem Wege wird spürbar, ob die Entscheidungsbegründung ehrlich und glaubwürdig ist. Und in vielen Fällen wird dazu gehören, diese Begründungen und Entscheidungszusammenhänge nicht nur einmal zu erläutern, sondern immer wieder anzuführen und zu wiederholen. Dann steigt die Chance, dass die relevanten Informationen auch bei den entscheidenden Schlüsselpersonen ankommen. Wirksame Kommunikation wird damit zugleich auch zum Bindeglied zwischen Aufgabe 4 der Führungskraft und Aufgabe 1 des „nachgeordneten“ Mitarbeitenden.

Ich-Maßnahme 2: Wahrhaftig und glaubwürdig sein.
Das größte Pfund eines Managers ist die von seinen Mitarbeitenden wahrgenommene Glaubwürdigkeit und die Konsistenz seines Verhaltens. Bei Entscheidungen wird deshalb neben der Frage der Kommunikation auch entscheidend sein, ob das Verhalten des Managers zu seiner Entscheidung passt. Wird zum Beispiel in einer Organisation ein neues Leitbild verabschiedet und wertschätzendes Verhalten eingefordert, muss die Geschäftsführung wissen, dass auch ihr Verhalten nun von der Mitarbeiterschaft an diesem Leitbild gemessen wird. Führungskräfte stehen jeden Tag wie auf einer Bühne und ihr Handeln wird genau beobachtet. Grüßt die Geschäftsführung z.B. beim morgendlichen Gang ins Büro die Dame an der Pforte nicht oder spricht sie kein einziges Wort mit der Reinigungskraft am Nachmittag, wird das Leitbild wenig Wirkung erzeugen können. Vorleben und Vorbild für das, was entschieden wurde, ist aus meiner Sicht einer der wichtigsten Schlüssel zur Wirksamkeit von Führung. Er zwingt mich zu prüfen, ob ich bereit bin, diese Entscheidung in aller Konsequenz mitzutragen und in meinem persönlichen Verhalten zu berücksichtigen.
Man kann dies jedoch auch als Chance sehen. „Wann und wie kann ich auf meiner „täglichen Bühne“ verdeutlichen und erlebbar machen, was mir wichtig ist und was ich entschieden habe?“ Wurde z. B. eine neue Strategie verabschiedet, sollte die Führungskraft die Gelegenheiten nutzen, bei allen folgenden Besprechungen und Treffen auf die Inhalte der Strategie einzugehen. Es liegt an ihr, das Thema präsent zu halten und im Alltag immer wieder zu nutzen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass gerade die großen Entscheidungen im Alltag präsent sind.
Wenn ich Organisationen in Strategie- oder Leitbildprozessen begleiten darf, frage ich mit zeitlichem Abstand zum Beschluss die Verantwortlichen, was aus Ihrer Sicht die zentralen Elemente des Beschluss-Papiers sind. Mit Erschrecken stelle ich dann immer wieder fest, dass vieles bereits verblasst oder ganz in Vergessenheit geraten ist. Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit scheinen dann auch vom persönlichen Erinnerungsvermögen abzuhängen. Mitarbeitende können sich in der Regel sehr gut an das erinnern, was Vorgesetzte zu wichtigen Themen gesagt haben. Umso wichtiger ist es deshalb, klare Botschaften zu haben, sich diese gut einzuprägen und beständig zu wiederholen.

Ich-Maßnahme 3: Umsetzung/Einhaltung im Blick haben.
Kommen wir noch einmal zurück auf das Leitbild-Beispiel. Nehmen wir an, die Geschäftsführung hat das Leitbild entschieden und das eigene Verhalten konsequent daran ausgerichtet. So weit so gut! Doch woran erkennt die Geschäftsführung, ob das Leitbild auch an allen Stellen berücksichtigt und eingehalten wird? Hier ist es Aufgabe des Managements, sich die relevanten Informationen zu beschaffen und sich auch frühzeitig zu überlegen, auf welchem Wege dies geschehen soll. An dieser Stelle schließt sich der Kreis zu Managementaufgabe 1. In einer weiteren Reflexionsschleife gilt es nun, den Erfolg der Entscheidung zu analysieren, darüber zu reflektieren und ggfls. „nachsteuernde“ Entscheidungen zu treffen und erneut Maßnahmen abzuleiten. Werden dabei Abweichungen zum gewünschten Leitbild wahrgenommen, sollte sich die Geschäftsführung darüber im Klaren sein, dass dies auch andere Mitarbeitende so wahrnehmen. Ebenso wird sehr genau beobachtet, wie die Geschäftsführung mit Verstoßen gegenüber dem Leitbild umgeht. Gibt es klare Reaktionen? Werden die entsprechenden Personen angesprochen und wird die Einhaltung des Leitbildes eingefordert?
Konsequenzen sind unumgänglich, wenn das Leitbild wirklich Orientierungskraft erlangen soll. Ganz allgemein lässt sich festhalten: Bei Verstößen gegen getroffene Entscheidungen muss reagiert werden. Ignorieren hingegen legitimiert die Nichtbeachtung und setzt getroffene Entscheidung im Alltag außer Kraft. Entweder sind Beachtung und Einhaltung einzufordern oder die Entscheidung aktiv zurückzunehmen oder zu korrigieren etwa wenn es unbeachtete oder nicht wahrgenommene Gründe gibt, die nachträglich gegen die Entscheidung sprechen. Gibt es Klarheit und Prägnanz in der Reaktion nicht, entsteht eine Kultur der Willkürlichkeit. Organisationsmitglieder interpretieren Entscheidungen so, wie sie ihnen sinnvoll und hilfreich erscheinen. Ich erlebe genau diese Willkürlichkeit in vielen Organisationen. Das Erschreckende daran ist, dass viele Mitarbeitende wirksame Strategien aufgebaut haben, um diese Willkürlichkeit vor dem TOP-Management zu verbergen. Da werden Entscheidungen gelobt, eigenes Verhalten mit diesen Entscheidungen begründet und Argumentationsstränge für die eigene Sache daran ausgerichtet. Es bleibt zu hoffen, dass sich das TOP-Management nicht hinter‘s Licht führen lässt und die Gegebenheiten möglichst klar und unverstellt wahrnimmt (Aufgabe 1).

Ein Hinweis zum Schluss:

Seien wir ehrlich: Bei Managementaufgabe 4 haben wir eigentlich kein Erkenntnisproblem. In den meisten Fällen ist es allein eine Frage der (Selbst-)Disziplin, ob wir konsequent die beschriebenen Ich-Maßnahmen angehen und bereit sind, unseren Beitrag zur Umsetzung zu leisten. Oder ob wir die Umsetzung wegdelegieren und damit unsere Verantwortung für eine wirksame Weitergabe negieren. Disziplin ist die wirksamste „Medizin“ gegen die in der Einleitung genannte Organisationskrankheit der Umsetzungsschwäche. Es wird an meiner Haltung liegen, ob ich mich auf Ich-Maßnahmen fokussiere und an Fragen meines Selbstmanagements, ob ich die erforderlichen Ressourcen konsequent einplane. Umsetzung ist und bleibt das Element, welches die Ergebnisse einer wirksamen von denen einer nicht-wirksamen Führungskraft unterscheidet.

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